Kennen Sie schon das „Kommt-drauf-an“-Gesetz des Gamings?

Die Frage, ob Computerspiele schädlich sind, ob sie z.B. aggressiv, süchtig oder depressiv machen, ist überraschend kompliziert zu beantworten. Sie findet sicherlich nicht unabhängig von der Person der Spielerin oder des Spielers, von der Art des Spieles/Spielgerätes oder von der Intensität und Dauer des Spielens ihre Antwort.

Genauso gut könnte man fragen, ob Computerspiele die Gesundheit vielleicht sogar fördern. Hiroyuki Egami und ein japanisches Forscherteam haben dazu eine Studie durchgeführt und sie vor Kurzem in der Zeitschrift „Nature Human Behaviour“ veröffentlichen können, die zu den einflussreichsten psychologischen Fachzeitschriften gehört.

Während der Corona-Epidemie in Japan zwischen 2020 und 2022 kam es bei gleichzeitig stark gestiegener Nachfrage zur Unterbrechung der Lieferketten für die Spielkonsolen Nintendo Switch und Sony PlayStation 5 (PS5). Um diesen Engpässen entgegenzuwirken, verteilten japanische Onlinehändler (z.B. Amazon Japan) die Konsolen per Lotterie an die Kunden und schufen so unbeabsichtigt eine zufällige Verteilung der Möglichkeiten, Videospiele zu spielen. In dieser Zeit beauftragten die Autoren der Studie die Marktforschungsfirma „Gameage R&I“ mit einer Onlinebefragung an einer Stichprobe von 97.602 Personen aus einem Onlinepanel im Alter von 10 bis 69 Jahren, etwa zur Hälfte weiblich und männlich. 8.192 Personen nahmen an den Lotterien teil, 926 Personen gelangten so zu einer Switch, 1.397 Personen zu einer PS5. Nur der Zufall entschied also, wer von diesen 8192 Personen spielen konnte und wer nicht.

In den eingesetzten Fragebögen waren eine Skala zur Lebenszufriedenheit (Satisfaction with Life Scale, SWLS) und eine zur psychischen Belastung (Kessler Screening Scale for Psychological Distress, K6) besonders wichtig. Beide Skalen sind in der internationalen psychologischen Forschung hinsichtlich ihrer Qualität und Aussagekraft bewährt. Die Autoren nutzten zur Analyse ihrer Daten modernste statistische Methodik, wie z.B. einen „causal forest“- Algorithmus für maschinelles Lernen.

Wie verändert nun das zufällige Zuteilen einer Spielkonsole die Lebenszufriedenheit und die psychische Belastung?

Konsolenspiele wirken sich nach den Ergebnissen der Studie deutlich positiv auf das psychische Wohlbefinden aus. Lediglich ab einer Spieldauer von mehr als drei Stunden täglich nimmt der psychologische Nutzen ab. Der positive Effekt der PS5-Nutzung war ausgeprägter bei Männern als bei Frauen, der Effekt der Switch zeigte keine Geschlechtsunterschiede. Der positive Effekt der PS5-Nutzung war stärker bei erfahreneren Gamern, der Effekt der Switch bei weniger erfahrenen oder Nicht-Spielenden.

Gelten diese Befunde auch für Personen, die eine Microsoft Xbox, ein Steam-Deck oder einen PC zum Spielen nutzen? Gelten diese Befunde auch außerhalb der Corona-Epidemie (also, z.B.: jetzt), wo Menschen nicht mehr auf die eigene Wohnung und Onlinekontakte zurückgeworfen sind? Gelten diese Befunde auch, wenn das Gerät nicht gewonnen worden ist oder bereits mehr als ein bis zwei Jahre genutzt wird?

Um den Gedanken vom Beginn wieder aufzugreifen: Ob sich Computerspiele negativ oder positiv auf das psychische Wohlbefinden auswirken, lässt sich nicht unabhängig von der Person der Spielerin oder des Spielers, von der Art des Spieles oder von der Intensität und Dauer des Spielens beantworten. Nennen wir das Ergebnis dieser Feststellung doch „das Kommt-drauf-an-Gesetz“.

Quelle:

Egami  H., Rahman  M.S., Yamamoto T., Egami C., Wakabayashi T. Causal effect of video gaming on mental well-being in Japan 2020–2022. nature human behaviour 2024, doi= https://doi.org/10.1038/s41562-024-01948-y

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