Computerspiel und Computerspielsucht: Wie denken die Deutschen darüber?

Es ist immer interessant, einmal die deutsche Bevölkerung zu ihren Einstellungen zu befragen, z.B. über Computerspielsucht. Eine derartige Bevölkerungsumfrage an einer repräsentativen Stichprobe wurde im letzten Jahr von einer Arbeitsgruppe von der Universität Münster durchgeführt (Reer et al. 2025).

Was kam heraus?

Die Stichprobe schätzte im Mittel 36.7% der Computerspielenden als süchtig ein, allerdings schätzten nur 2.9% sich selbst als süchtig ein und nur 24.7% gaben an, eine Person persönlich zu kennen, die computerspielsüchtig wäre.

76.2% stimmten der Aussage zu, dass Computerspiele suchterzeugend sein können. Das Suchtpotenzial schätzten 53.1% so hoch wie das von Alkohol und Nikotin, 34% gar wie von Heroin/Kokain.

33.8% forderten strengere Gesetze bezüglich Computerspielen und 40.2% gar ein Verbot bestimmter Spiele. Etwa die Hälfte der Stichprobe forderte professionelle Therapien und Einrichtungen für Gamer, hielten das Suchtpotenzial von Computerspielen für ein ernsthaftes gesellschaftliches Risiko bzw. hielten die offizielle Diagnose der Computerspielstörung für nützlich (49.1%, 46.6%, 49.2%).

Je älter die Untersuchungspersonen waren, desto kritischer waren ihre Einstellungen gegenüber Computerspielen. Ebenso wiesen Frauen kritischere Einstellungen gegenüber Computerspielen auf sowie vermuteten eine höhere Prävalenz der Computerspielstörung im Vergleich zu Männern.

Nur 16.2% der Stichprobe war sich bewusst darüber, dass die Computerspielstörung eine offiziell anerkannte Diagnose ist.

Was bedeutet das?

87% der männlichen und 58% der weiblichen Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren spielen täglich oder mehrmals pro Woche Computerspiele (vgl. JIM-Studie 2024, https://mpfs.de/app/uploads/2024/11/JIM_2024_PDF_barrierearm.pdf). Auch wenn die Zahlen der Prävalenz von Computerspielsucht sich von Studie zu Studie unterscheiden mögen, gehen die Autoren der Studie aus Münster von nur 2-3% Bevölkerungsanteil von Computerspielsucht aus. Die deutsche Bevölkerung, darunter eher die Älteren und die Frauen, überschätzen die Verbreitung von Computerspielsucht demnach erheblich. Des Weiteren sind Computerspiele  wie Literatur Produkte zur Unterhaltung und zuweilen Kunstwerke, die Menschen bereichern können (und nicht nur in dem Sinne, dass sie die Kassen der Hersteller füllen). Strenge Gesetze und Verbote sind zur Regulierung von Computerspielen nicht angemessen und wären nur sehr fraglich wirksam. Würden sich die Jugendlichen daran halten? Halten sie sich an die bestehenden Regeln: Spielen Jugendliche zumindest mehrheitlich nur Spiele, die nach der USK-Einschätzung für ihr Alter geeignet sind? Funktioniert das System der Verbote so gut, dass Jugendliche z.B. nicht mehr an illegale Drogen gelangen? So dass wir sagen können: Dieser Weg funktioniert so gut, den wollen wir weitergehen und ausweiten?

Die Studie zeigt, dass Menschen in Deutschland wesentliche Dinge über Computerspiele und die Computerspielstörung nicht wissen. Die Einstellungen zu Computerspielen sind weitgehend vorurteilsgeprägt negativ und nicht hilfreich für Eltern, die die Freizeitbeschäftigung ihrer Kinder besser verstehen wollen. Alle Eltern sollten gewöhnliches Computerspiel zum harmlosen Vergnügen von riskantem oder gar abhängigem Spiel unterscheiden können. Sie sollten die Warnzeichen von problematischem Computerspiel kennen und wissen, was dann zu tun ist.

Quelle:

Reer F, Küpper LM, Wintterlin F, Quandt T. A Survey Study on Public Attitudes Toward Gaming Disorder. Media and Communication  2025; 13:  https://doi.org/10.17645/mac.8701

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